Andere Länder, andere Sitten

Wir leben eine Vision interkultureller Vernetzung wie man sie früher kaum für möglich gehalten hätte. Unsere Geschäftskontakte sind über den ganzen Erdball verstreut, Geschäftsreisen auf andere Kontinente sind fester Bestandteil unseres Arbeitslebens.

Durch die VDR-Geschäftsreiseanalyse wird ersichtlich, dass die Top 3 der ausländischen Reiseziele für deutsche Geschäftsreisende die USA, China und Großbritannien sind und dass Länder wie Indien als Reiseziele zunehmend wichtiger werden. Das haben wir zum Anlass genommen, die Bräuche und Sitten in zunächst vielleicht exotischen, aber etablierten und aufstrebenden Wirtschaften zu durchleuchten. Denn der Weg der interkulturellen Zusammenarbeit ist übersät mit Stolpersteinen: Kulturelle Unterschiede bieten immer auch Potential für Missverständnisse. Wir haben daher in unserem Reiseknigge wertvolles Hintergrundwissen für Sie zusammengestellt: 

Die oberste Priorität bei einer Reise ins Reich der Mitte lautet: Zurückhaltung und Bescheidenheit! Außerdem sollten Sie hierarchische Strukturen unbedingt beachten.

Berüchtigt sind die chinesischen Geschäftsessen. Diese gehen oft mit dem ausgiebigen Konsum harter Alkoholika einher. Falls Sie darauf verzichten möchten, tun Sie dies von Anfang an und haben Sie stichhaltige Gründe parat, beispielsweise Ihre Gesundheit. Der Spruch „Andere Länder, andere Sitten“ betrifft in China auch die Hygiene. So ist zum Beispiel das Naseputzen ein absoluter Fauxpas in der Öffentlichkeit.

Generell gilt: Vieles wird in China nicht mehr so eng gesehen wie noch vor einigen Jahren. In vielerlei Hinsicht hat man sich an den Westen angepasst. Orientieren Sie sich im Zweifelsfall einfach an den Chinesen, versuchen Sie jedoch nicht, sie zwanghaft nachzuahmen. Mit aufrichtigem Interesse und ehrlichen Bemühungen sind Sie auf der sicheren Seite und navigieren erfolgreich durch die Bräuche in China. 

Die Mentalität Großbritanniens mag nicht allzu weit von der unsrigen entfernt sein – in einigen Fragen ticken die Inselbewohner dennoch anders. Auch auf der Insel gilt: Andere Länder, andere Sitten. Folgender Dreisatz wird Ihre geschäftliche Interaktion spürbar vereinfachen: Zurückhaltung, Höflichkeit, Pünktlichkeit. Merken Sie sich außerdem: Die Briten lieben Smalltalk. Sie möchten ein Gespräch initiieren? Sprechen Sie über das Wetter! Machen Sie außerdem reichlich Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln wie „please“, „sorry“ und „thank you“ und beachten Sie, dass es auf die Frage „How are you?“ nur eine einzig richtige Antwort gibt: „Fine, thank you.“ Verzichten Sie auf intime Schilderungen Ihrer Lebensumstände.

Übrigens: Das gemeinsame Mittagessen steht bei den Briten nicht sonderlich hoch im Kurs. Deutlich beliebter: Der kollektive Besuch im Pub direkt nach der Arbeit. Stellen Sie sich darauf ein, Runden auszugeben – denn getrennte Rechnungen sind in Großbritannien unüblich. 

Aufgrund der britischen Kolonialherrschaft ist die Etikette in Indien im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern eher westlich geprägt. Nichtsdestotrotz gibt es einige Aspekte, die Sie beachten sollten. So wird beispielsweise viel Wert auf berufliche Hierarchien gelegt. Außerdem hat die Familie in Indien einen hohen Stellenwert – auch in der geschäftlichen Sphäre: Viele wichtige Unternehmen sind Familienunternehmen. Auch im Bereich der Unternehmenskultur haben andere Länder andere Sitten.

Für den Fall, dass Sie ein Geschäftsessen veranstalten, ist es ratsam, sich im Vorfeld über die Essgewohnheiten Ihrer Gäste zu informieren. Indien ist ein Land verschiedener religiöser Konfessionen, diese beeinflussen auch das Essverhalten. So nehmen beispielsweise Muslime kein Schweinefleisch zu sich, Hindus verzehren kein Rindfleisch. Zu guter Letzt sollten Sie beachten, dass, im Gegensatz zu Deutschland, das Essen bei Veranstaltungen für gewöhnlich den Schlusspunkt der Zusammenkunft darstellt. Danach ist die Feier beendet und von Ihnen wird erwartet zu gehen. 

Um in Russland als Geschäftspartner ernst genommen zu werden, sollten Sie von Anfang an betonen, dass Sie ein überaus wichtiger Vertreter Ihres Unternehmens sind. Selbst dann werden Ihnen russische Geschäftsleute jedoch noch distanziert gegenübertreten. Das ist ein großer Unterschied in den Bräuchen in Russland im Gegensatz zu dem, was wir kennen. Lassen Sie sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen – schließlich sind Sie beim ersten Treffen quasi noch Fremde. Den Russen ist es wichtig, sich vor dem Abschluss wichtiger Geschäfte auch auf privater Ebene kennenzulernen. Um dies zu erreichen, trifft man sich meist abends – der bei uns Westeuropäern verbreitete Business Lunch ist in Russland weniger populär. Sorgen Sie sich nicht, wenn der Vodka ausgepackt wird: Sie können mittrinken, müssen es aber nicht. „Andere Länder, andere Sitten“ ist hier nur eine Option und keine Pflicht. Verzichten Sie auf Alkohol, beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen, wird das akzeptiert. Sollten Sie irgendwann genug haben, ist es wichtig, dies klar und deutlich zu sagen – und dann dabei zu bleiben. Kulturelle Unterschiede können so schnell überbrückt werden.

Sie merken: „Andere Länder, andere Sitten“ – das ist nicht einfach nur so dahingesagt. Wenn Sie, was kulturelle Unterschiede angeht, auf Nummer sichergehen möchten, ist der Besuch eines interkulturellen Seminars oder der Kauf eines ausführlichen Reiseknigges für das jeweilige Zielland zu empfehlen.